Die Bau-Tarife 2018 und deren kalkulatorische Wirkung auf die Baupreise
02.06.2018
Der Schlichterspruch im Bau-Tarifstreit mit einer Lohnerhöhung von 5,7% im Westen und 6,6% im Osten - rückwirkend zum 1.Mai 2018 - ist ein besonderes kalkulatorisches Wagnis für die im Frühjahr begonnenen Bauaufträge. Reaktiv steigen bei tariflicher Bezahlung die betrieblichen Arbeitskosten um etwa 2,- Euro je Lohnstunde, d.h. der Kalkulationslohn laut EFB 1.4 bzw. der Mittellohn (ASL) verteuern sich dadurch um rund 2,- €/h. Bestimmt wurden in den Angeboten der letzten Monate höhere Löhne einkalkuliert, aber wahrscheinlich nicht eine abrupte Tarifsteigerung in dieser Höhe. Die verhandelte Steigerung des Ecklohnes, sprich Tariflohnes LG 4 (Spezialfacharbeiter) in West von 18,43 €/h auf 19,48 €/h und in Ost von 17,14 €/h auf 18,27 €/h ist aber nur eine kalkulatorische Basis. Über den Bauzuschlag von 5,9 %, die lohngebundenen Kosten in Form von Sozialkosten sowie Soziallöhnen und die Lohnnebenkosten für die auswärtige Beschäftigung entfaltet sich daraufhin die obige Kettenreaktion für die Lohnkosten. So werden aus den reichlich 1,- €/h Tariflohnerhöhungen ca. 2,- €/h Lohnkostensteigerung. Neben den Löhnen steigen ebenso auch die tariflichen Gehälter, die wiederum über die Gemeinkosten (BGK/AGK) auf die Baupreise wirken. Dies erfolgt über den Zuschlag auf den höheren Kalkulationslohn und im Ergebnis wird laut EFB 1.6 der Verrechnungslohn für die Berechnung der Preisanteile Löhne ermittelt. Bei einem Zuschlag von ca. 40 % auf den Kalkulationslohn wächst von ca. 1,- €/h höheren Tariflöhnen über ca. 2,- €/h gestiegene Lohnkosten der Verrechnungslohn um ca. 3,- €/h an. So würde sich kalkulatorisch der Einheitspreis für eine Teilleistung mit einem Zeitansatz von 10 h/ME um 30,- €/ME erhöhen. Ein Bauauftrag mit veranschlagten 1.000 Lohnstunden würde so um 3.000,- € teurer. Die kalkulatorische Wirkung der Bau-Tarife auf die Baupreise ist natürlich abhängig vom Lohnanteil an der Bauleistung. Der Preisanteil Lohn ist das Produkt von Lohnstunden und Verrechnungslohn. Mit einer höheren Produktivität, sprich weniger bauleistungsbezogenen Lohnstunden, können die höheren Lohnkosten preismäßig ausgeglichen werden. Im Zeitalter der Digitalisierung offenbart sich darin ein großes kalkulatorisches Potential. Je lohnstundenintensiver die Bauleistungen sind, desto höher ist der Einfluss der Löhne auf die Baupreise. Dabei ist zu beachten, dass die Entgelttarife nicht allgemeinverbindlich sind. Das Maß für die Kalkulation ist der Arbeitsvertrag. Dies gilt insbesondere für immer mehr Firmen, die nicht tarifgebunden sind. Die tatsächlich gezahlten Bruttolohnsummen in 2017 widerspiegeln diesen differenzierten Markt der gemeldeten gewerblichen Arbeitnehmer. Laut SOKA-Unterlagen betrug der Durchschnittslohn 2017 in Sachsen 13,25 €/h und in Hamburg 17,45 €/h. Die Kluft zwischen den Gesamttariflöhnen und den legal gezahlten Bruttolöhnen (ML A) ist sehr beachtlich und wird noch durch das Gefälle von Stadt und Land verstärkt. Die Lohnerhöhungen wirken gewerkekonkret und leistungsindividuell auf die Baupreise. Die differenzierten Löhne und Zeitansätze verursachen im Geflecht von maschinellen und manuellen Bauleistungen eine Vielfalt kalkulierbarer Baupreise. Aus der Bau-Tarife-Sicht könnten für den Roh- und Ausbau die Baupreise in der Spannweite von 2 bis 4 % gemäß den Lohnanteilen steigen. Mit dem regionalen Blick der real gezahlten Durchschnittslöhne sieht die Kalkulationswelt schon anders aus. Die Bau-Tarife 2018 sind für manchen gewiss auch ein Anlass, die Erhöhung von Baupreisen psychologisch zu argumentieren. Bei der Kalkulation von Baupreisen für die spezifischen Bauleistungen werden die Löhne in www.baupreislexikon.de tariflich und arbeitsmarktbezogen nach Gewerken ermittelt. Damit verknüpft werden bautechnisch detailliert die verursachten Lohnstunden regional bewertet. In alter Frische
Weiterführende Fachinformationen:AGK, Arbeitskosten, Bauleistungen, Baupreise, Baupreislexikon, Bau-Tarife, Bauzuschlag, BGK, Bruttolöhne, Ecklohn, EFB, Entgelttarife, Gehälter, Gemeinkosten, Kalkulation, Kalkulationslohn, Lohnanteil, Löhne, Lohngebundene Kosten, Lohngruppe, Lohnkosten, Lohnnebenkosten, Lohnstunden, Preisanteil Lohn, Tariflohn, Verrechnungslohn
|
Stichwort-Index:
Themen:
Die grafische Baukalkulation hat eine große Zukunft - daran glaubt Klaus Schiller seit 20 Jahren. Er will aus Bildern Kostenberechnungen machen. Interview in bi BauMagazin
|