Kalkulieren heißt Annahmen treffen. Jedes Angebot hat eine gewisse Unsicherheit. Aber was ist, wenn die Angebote weit auseinander liegen? Oft ist dies der Fall. Dann erregt der Billigstbieter die Gemüter. Was steckt dahinter? In der mathematischen Statistik werden "Ausreißer" für die Auswertung entfernt. Sollte man dieser Methode folgen und das billigste sowie teuerste Angebot automatisch aussortieren? Die VOB sagt dazu: Nein! Das wirtschaftlichste Angebot ist auszuwählen. In der Praxis ist dies meist das billigste. Auch der Billigbieter kann der Beste bzw. der Wirtschaftlichste sein.
Ein Geheimnis von Niedrigpreisangeboten sind einfach fehlerhafte Kalkulationen. Irren ist menschlich. Und der Bieter ist an sein Angebot bis zum Ablauf der Bindefrist gebunden. Hier liegt der Hase im Pfeffer. Der Bieter trägt immer das Risiko. Mit seinem Angebot mischt er die Karten. Hat er sich geirrt, dann hat er schlechte Karten. Freud und Leid liegen dicht beieinander. Hinzu kommt noch Schadenfreude in Form solcher Praxistipps: "Sie können mit ruhigem Gewissen den Bauherrn raten, selbst beim Erkennen eines Kalkulationsirrtums den Bieter zu beauftragen, da dieser gezwungen ist, das Objekt zu den Konditionen seines Angebotes durchzuführen."
Kalkulationsirrtümer werden unbewusst gemacht und es gibt eine große Bandbreite. Vom Schusselfehler bis zur Ahnungslosigkeit. Hier muss man differenzieren. Der Zahlendreher oder die Verwechselung von m2 und m3 sind zu nennen. Aber auch Fehler beim Rechnen, Vervielfältigen oder Übertragen können auftreten, wenn man z.B. nur mit Word und Excel arbeitet. Es werden auch Kostenkomponenten komplett vergessen und nicht beachtet. Man nimmt falsche Kalkulationsansätze an, weil man es nicht besser wusste. Und der größte Kalkulationsirrtum ist der, wenn man in Unkenntnis gar nicht kalkuliert. Es werden nur Preise eingetragen, ohne die Kosten zu beachten. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!
Wegen Kalkulationsirrtums die Angebotsbindung zu lösen wird schwierig. Im gewichtigen Einzelfall ist es möglich. Dies bedarf aber umfangreicher Dokumentationen, um die Kalkulationszusammenhänge zum Kalkulationsfehler nachzuweisen. Der Stress ist groß und die Chancen sind klein.
Das Risiko des Kalkulationsirrtums ist im Vorfeld zu vermindern. Das kann alles nicht passieren, wenn man Anhaltspunkte für die Kalkulation der Einheitspreise hat. Angefangen von den Einzelkosten über die Zuschläge bis zu den EFB-Preis Angaben.
In eigener Sache kann ich hierfür die neue Version 3.0 www.baupreislexikon.de empfehlen. Darin wird eine enorme Vielfalt von Teilleistungen angeboten, die mit Fachinformationen zu Kosten, Normen, Produkten etc. und eigenen Kalkulationsangaben vernetzt sind. Besonders wertvoll ist das Wissen zu den Leistungen, wo man noch keine Erfahrungen hat. Auch die Zusammenfassung der Leistungen im LV für Angebote und Rechnungen und deren Darlegungen in den EFB-Preis Formblättern ist kalkulatorisch nachvollziehbar und in den Berechnungen schlüssig dargestellt. Über betriebliche und auftragsbezogenen Stundensätze erfolgt eine Kontrolle der Kalkulation auf Plausibilität. Allein die Querrechnung der Angebotssumme über den Umsatz pro Arbeitsstunde kann einen Kalkulationsirrtum aufdecken.
Zusätzlich haben wir bauwirtschaftliche Zusammenhänge in Online-Hilfen und einem Wörterbuch mit über 750 Begriffen verständlich erläutert. Diese vermitteln Zahlengefühl und dienen der Weiterbildung. Enthalten ist auch der Begriff Kalkulationsirrtum, ebenso wie Mischkalkulation oder Spekulationspreise.
Die damit verbundenen anderen Geheimnisse von Niedrigpreisangeboten sollen mein nächstes Thema sein. Diese werden bewusst gemacht und behandeln einen anderen Problemkreis.
In alter Frische!