Kalkulations- und Ausschreibungsfehler
01.10.2009
Bewährtes ist zu bewahren. Die Erfahrungen aus vergangenen Projekten und Bauaufträgen sind ein wertvolles geistiges Gut in der täglichen Arbeit. Sie beeinflussen Entscheidungen bei zukünftigen Angeboten und Vergaben. Erfahrung kombiniert mit Wissen. In jedem Projekt wird dazugelernt. Auch bei der Beschreibung der Bauleistungen und der Ermittlung deren Baupreise. Im Gefüge der Leistungspositionen. Abgegrenzt im Leistungsverzeichnis (LV). Die LV-Position als Teil und das LV als Ganzes. Beide gehören zusammen. Und das LV ist mehr als die Summe seiner Positionen. In den Beziehungen zwischen den Positionen eines jeden LV’s liegen die projektbezogenen Besonderheiten. Beim Kopieren von 1 bis n Positionen aus einem LV in ein anders LV können dadurch vielfältige Fehler entstehen. Deren Folgen werden oft zu spät erkannt. Die Ursachen sind einfach. Aber häufig sind sie versteckt und heimtückisch. 1. | LV-Positionen bestehen aus allgemeingültigen und auftragskonkreten Daten | | Allgemeingültig sind i. d. R. Leistungstext und Mengeneinheit. Auftragskonkret sind Mengen, Positionsart sowie Einheitspreis bzw. -anteile oder Einzelkostenansätze plus Zuschläge. Das Kopieren bewährter Leistungstexte ist gewöhnlich kein Problem. Sie sollten aber nach den Regeln der Technik (VOB, DIN) aktuell und in den Parametern auftragsindividuell sein. Mit den Texten werden gleichwohl Mengen, Preise oder Kosten kopiert. Deren Kopien sind bedenklich. Mengen sind zu ermitteln. Nicht nur beim Aufmass. Eine Kopie von Mengen ist fahrlässig. Die kopierten Baupreise sind als Angebots- oder Vergabepreise auch auftragsabhängig in Bezug zu Region und Zeit. Besonders beim Kopieren von Positionen mit Kostenansätzen lauern böse Überraschungen. Im Treu und Glauben an die detaillierte Kalkulation werden Kalkulationssünden vererbt. Veraltete Kostenansätze: z. B. mengenbezogene, zeitlich und örtlich gültige Materialpreise frei Baustelle. Oder ehemals kalkulierte "Kampfpreise" einschließlich besonders niedriger Zuschläge. Ganz zu schweigen von maschinellen Leistungen mit baustellenindividuellen Tagesleistungen. Verwechseln von Eigen- und Fremdleistungen. Ungleiche Kolonnen mit anderen Produktivitäten u. v. a. m. Kurzum: Nach Kopieren sind auftragskonkrete Daten zu kontrollieren. Quell- und Ziel-LV sind bauwirtschaftlich verschieden. | 2. | LV-Positionen sind auftragsabhängig mit anderen LV-Positionen verkettet | | Es gibt technisch-technologisch bedingte Beziehungen zwischen Einzelleistungen. So können z. B. bei Entwässerungsrohren in Abhängigkeit von den Bodenverhältnissen verschiedene Bettungsverfahren Typ 1, 2, 3 nach DIN EN 1610 noch unterschiedliche Bettungsschichten zur Folge haben. Bei Erdarbeiten können standortabhängig noch Verbau, Transport oder Deponie erforderlich und gesondert vergütet werden. LV-Positionen wirken im System. Mit formalem Kopieren provoziert man Nachträge. Kaufmännisch hat z. B. die Baustelleneinrichtung als Nebenleistung oder Besondere Leistung einen auftragsabhängigen Einfluss auf die Baupreise (Umlagen) der LV-Positionen. | 3. | Ändert sich der Leistungstext ändern sich auch Baupreise und Einzelkosten | | Beim nachträglichen Ändern des Leistungstextes von kopierten LV-Positionen können sogar arge Kalkulationsirrtümer entstehen. Erinnert sei nur an den Austausch von m² durch m³. Nach dem Kopieren sind auch alle vernetzten Daten zu ändern. Das Kopieren bewährter Positionen aus einem LV in ein anderes LV hat seine Tücken. |
Fazit: Die Einzelleistungen sind wichtig. Sie bestimmen die Qualität und Kosten der Gesamtleistung. Bewährte und erprobte Positionen sollte man wieder verwenden. Zur Auswahl für ein fehlerfreies Kopieren und Einfügen in das neue Projekt. Möglichst effektiv, aktuell und ungetrübt vom besonderen Umfeld alter Aufträge. Zur Fehlervermeidung empfehle ich neutrale Favoritenlisten. Sehr positive Erfahrungen gibt es hierzu bereits mit STLB-Bau Dynamische BauDaten. Bewährte Leistungstexte lassen sich geordnet unter eigenen Schlagwörtern ablegen. Durch eineindeutige Textschlüssel werden sie nach VOB und DIN aktualisiert. Per Checkliste erfolgt die Übernahme in das neue LV. "Jungfräulich" aktiviert z. B. mit DBD-Orientierungswerte und betrieblichen Erfahrungswerten. Über ABC-Analysen können diese auftragsindividuell geprüft und angepasst werden. Kalkulatorische Altlasten haben keine Chance. Ich empfehle nicht das Kopieren von LV-Positionen, sondern das Kopieren aus Favoritenlisten. In alter Frische!
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Die grafische Baukalkulation hat eine große Zukunft - daran glaubt Klaus Schiller seit 20 Jahren. Er will aus Bildern Kostenberechnungen machen. Interview in bi BauMagazin
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