Zwischen vorkalkulierten Baupreisen und nachkalkulierten Kosten

Zwischen vorkalkulierten Baupreisen und nachkalkulierten Kosten
Schiller-Blog - Der Schillernde Blick auf die Baubranche

Zwischen vorkalkulierten Baupreisen und nachkalkulierten Kosten

01.12.2015
Vergleichen setzt Denken in Bewegung. Dies trifft auch auf die Ermittlung der Kosten für die Leistungen des Bauauftrages vor und nach deren Ausführung zu. Das Vor- und Nachdenken findet im technisch-kaufmännischen Sinne mit der Vor- und Nachkalkulation statt. Während im Vorwärtsschauen zu den Leistungen und Kosten des Bauauftrages Annahmen zu treffen sind, weiß man rückwärtsblickend wie die Baustelle gelaufen ist. Mit dem Angebot sind die Baupreise zu ermitteln, indem man die wahrscheinlichen Kosten berechnet und sie über den Deckungsbeitrag dem Markt anpasst. Die Vergütung der Leistungen erfolgt dann über den Preis. Der mit der Abrechnung daraus folgende Umsatz sollte so nicht nur die tatsächlichen Kosten decken, sondern auch einen Gewinn erwirtschaften. Für den Erfolg des Bauens ist deshalb die Baupreiskalkulation mit der Nachkalkulation zu verbinden.
Fakt ist, das die tatsächlichen Ist-Kosten auf der Baustelle sich meist von den im Angebot kalkulierten Soll-Kosten des Bauauftrages unterscheiden. Die Ursachen dafür sind vielfältiger Natur. Angefangen von zufälligen Ereignissen wie dem Wetter über hausgemachte Fehler der Kalkulation bis hin zu sich ändernde Baustellen-, Liefer- und Leistungsbedingungen. Mit der Nachkalkulation werden die Abweichungen zur Angebotskalkulation dargestellt. Es ist ein Soll-Ist Vergleich, der als Kontrollkalkulation die Differenzen als Quelle für Erkenntnisse und Entscheidungen aufzeigt. Die Nachkalkulation ist umso wirksamer, je eher sie beginnt. Sie sollte gleitend als eine Art Mitkalkulation erfolgen, damit noch Einfluss auf Bauausführung und Abrechnung genommen werden kann.
Eine wichtige Voraussetzung für die Nachkalkulation ist das Berichtswesen im Vergleich mit der ausgeführten Bauleistung. Für die Vergleichbarkeit spielen die Mengen aus dem Aufmaß eine besondere Rolle. Die tatsächlichen Kosten sind den wirklich ausgeführten Leistungen zuzuordnen. Während die Soll-Kosten durch die Angebotsmengen kalkuliert wurden, sind die tatsächlichen Kosten mit den Leistungsmengen laut Aufmaß zu kontrollieren. Daher sind die mengenbereinigten „Hätte“-Kosten als Soll-Kosten mit Ist-Mengen für den Vergleich mit den Ist-Kosten maßgebend. Aus dem Vergleich von Soll-Kosten, „Hätte“-Kosten und Ist-Kosten ergibt sich eine aussagefähige Nachkalkulation, die eine mengenmäßig-technische und eine wertmäßig-kaufmännische Analyse erlaubt.
Aus der Nachkalkulation lassen sich so Maßnahmen zur Gewinnsteigerung ableiten, wie z.B.
  • Kontrolle der Kosten- und Leistungspositionen für Nachträge und Abrechnung
  • Überprüfung der Aktualität von Kalkulationsdaten für zukünftige Angebote
  • Finden von Verlustquellen, um Kosten zu senken für Löhne, Stoffe und Geräte
Die praktische Nachkalkulation ist in der Bauausführung über das Aufmaß mit der Angebots- und Nachtragskalkulation vereint. Hierfür können Leistungspositionen des Ausführungs-LV z.B. als Arbeitsverzeichnisse nach Leistungsschlüssel gruppiert werden. Damit lassen sich kalkulierte und reale Kosten differenziert zuordnen und auswerten. Dafür kann der Aufwand, wie nextbau zeigt, überschaubar bleiben. So entsteht im Nachkalkulieren ein Zahlengefühl für Kosten und Leistungen, das vor allem der existenziellen Sicherheit dient. Der Blick sollte sich auf das Wichtige richten, damit man im Streben nach Vollkommenheit nicht untergeht.
In alter Frische
Ihr Klaus Schiller

Kommentare (2)

Dr. Wolfgang Ziegler: Nachkalkulation nur als Vergleich mit der Vorkalkulation?
08.12.2015 11:40 Uhr
Guten Tag Herr Schiller,
da haben Sie ein Thema angesprochen, das zweifellos sehr wichtig ist, bei dem mir aber vieles im Unklaren ist, sowohl hinsichtlich der richtigen Herangehensweise als auch der praktischen Umsetzung.
Der Vergleich von Soll-Mengen aus der Vorkalkulation mit den Ist-Mengen - die "mengenmäßig-technische" Analyse - ist ja unbestritten sinnvoll und eindeutig. Wie aber steht es mit dem Vergleich der Soll-Kosten mit den Ist-Kosten, also mit der "wertmäßig-kaufmännischen" Analyse? Im Grunde müsste man dabei doch auf die Vorgaben aus der Plankostenrechnung, auf Soll-Deckungsbeiträge bei der Teilkostenrechnung bzw. auf Soll-Zuschlagssätze bei der Vollkostenrechnung zurückgreifen.
Es würde mich interessieren, was Sie hier empfehlen und wie Ihre Erfahrungen hinsichtlich der Praxis in den Betrieben sind. Werden mit der Nachkalkulation in der Branchensoftware beide Analyseansätze abgedeckt?
Mit freundlichem Gruß
Wolfgang Ziegler
Dr. Johannes Klower: Vergleich von Ist-Kosten und leistungsangepassten Soll-Kosten
22.12.2015 14:12 Uhr
Herr Dr. Schiller, den Aussagen in Ihrem Blog möchte ich aus eigenen Erfahrungen beipflichten, ebenfalls der Kommentierung von Herrn Dr. Ziegler.
Beim Soll-Ist-Vergleich bzw. einer weiterführenden Nachkalkulation ist es m.E. zunächst von Bedeutung, ob die Betrachtungen einerseits auf Teilleistungen, einzelne LV- Bereiche, Bauarbeiten o.ä. oder zum Anderen für eine Bauwerk bzw. Baumaßnahme insgesamt erfolgen soll. Für erstere Kontrolle ist der Vergleich von Ist-Kosten nur mit den mengenbereinigten "Hätte"-Kosten als leistungsproportionale Anpassung von Interesse und Aussage. Das ist, wie ich feststellte, mit der im Blog angeführten Kalkulationssoftware einfach möglich. Für eine Baumaßnahme insgesamt wären noch weitere Betrachtungen sinnvoll, wie sie von Herrn Dr. Ziegler als Vergleich zu Vorgaben mit Deckungsbeiträgen und Zuschlagsätzen angeführt werden.
Zur Problematik finde ich auch die beispielhafte Darstellung unter "Soll-Ist-Vergleich zum Arbeitszeitaufwand" unter www.bauprofessor.de sehr interessant, die inhaltlich analog auch für die Kostenbestandteile anwendbar ist.
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