Neues bei öffentlichen Aufträgen - Wohl und Übel der EFB-Preis Formblätter

Neues bei öffentlichen Aufträgen - Wohl und Übel der EFB-Preis Formblätter
Schiller-Blog - Der Schillernde Blick auf die Baubranche

Neues bei öffentlichen Aufträgen - Wohl und Übel der EFB-Preis Formblätter

05.03.2007
Der Wettbewerb ist die Grundlage unserer Bauwirtschaft. So auch bei öffentlichen Aufträgen und diese wachsen wieder. Dabei geht es um Bauen mit Steuergeld. Ersteller und Empfänger der Preisangebote haben verschiedene Sichten und Verhaltensmuster. Der öffentliche Bauherr hat im Vergabehandbuch, in Richtlinien und Erlassen verschiedene geistige Instrumentarien für das Prüfen und Werten von Angeboten dienstlich angeordnet. Die Formulartechnik der EFB-Preis gehört dazu. Sie wurden bereits seit 1986 verbindlich eingeführt und mit dem BGH Urteil XZR 19/02 vom 7.6.2005 werden sie auch ernst genommen, weil eine Nichtabgabe der Formblätter zum Ausschluss bei der Vergabe führt. Dies ist der formale Akt. Vielen Unternehmern sind diese Preisermittlungsgrundlagen der EFB-Preis ein Graus und nicht wenige wissen, worum es dabei geht. Mit dem Erlass vom 4.1.2007 ändert sich abermals Einiges. Es gibt nur noch EFB-Preis 1a und 1b. In 2006 war schon 1c und endlich ist auch 1d komplett entfallen. Die Wertgrenze für die Abgabepflicht der EFB-Preis ist von 10.000 € wieder auf 50.000 € Auftragsvolumen angehoben worden. Im EFB-Preis 2 fordert man die Aufgliederung der Teilkosten aller Positionen ab 100.000 €. Ansonsten gilt dies nur für ausgewählte, wichtige Positionen.
Der Trend ist klar. Man möchte das Prüfen und Werten der Nachträge besser unterstützen. Und Nachträge sind besonders bei großen Verträgen akut.
Spekulationspreise werden bekämpft. Ein Schritt hierzu ist auch die Anweisung keine Wahl- und Bedarfspositionen mehr in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Damit wurde viel getrickst. Mit der Lösung dieses Problems wird sicherlich die Bedeutung der Beurteilung von Nachträgen steigen.
Meiner Meinung nach ist die Ausschreibung der Nährboden für das spekulative Verhalten von Bietern. Mit der Unschärfe wächst das Spekulationspotential. Eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung nach § 9 VOB/A ist die beste Medizin.
Die EFB-Preis sind eine Arznei mit Nebenwirkungen. Denn die Formblätter bieten ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten und fördern an sich nicht die Kalkulationskultur.
Die Angebotskalkulation und die EFB-Preis sind vom Inhalt her zwei Seiten einer Medaille. Aber in der Praxis werden sie häufig getrennt voneinander realisiert. Vielmals nur dem Scheine nach, um einer vollständigen Vergabeunterlage zu entsprechen. Manche füllten zur Sicherheit sogar die alternativen EFB-Preis 1a, b, c, d komplett aus. Teilweise wurde dies sogar gefordert - eine groteske bürokratische Stilblüte.
Kalkulationsprogramme bieten die EFB-Preis oft gar nicht an. Auch in AVA-Programmen ist die Prüfung von EFB-Preis derzeit unbekannt. Dabei wäre eine stimmige Prüfung von EFB-Preis 1a/b auf Plausibilität mit den Mengen und EFB-Preis 2 der erste Schritt. Ein Vergleich mit der Urkalkulation oder dokumentierten Kalkulationsansätzen könnte manches Denken in Bewegung setzen.
Vorbeugen ist besser als Heilen - eine klare Ausschreibung ist besser als die EFB-Preis. Für die Diagnose sind die EFB-Preis ein mögliches Prüfinstrument bei der Vergabe mit dem Ziel der Aufklärung von Angebotsinhalten nach VOB/A § 24.
Für die Therapie braucht man die EFB-Preis als Kalkulationsangaben des AN bei der Prüfung und Wertung von Nachträgen nach VOB/B § 2.
Wohl dem, der gesund lebt - sprich gewissenhaft ausschreibt
und Medizin wohl dosiert - sprich verantwortlich prüft.
Hierfür wünsche ich Ihnen das nötige geistige Rüstzeug.
In alter Frische!
Ihr Klaus Schiller

Kommentare (3)

Gast - Architekt, KL: Sehr gute Feststellungen
16.03.2007 09:48 Uhr
Sehr gute Feststellungen -- auf der theoretischen Seite. Viele Bauämter scheinen jedoch gar nicht in der Lage zu sein, nach dem Stand der Technik erstellte Ausschreibungen inhaltlich prüfen zu können (bzw. zu erkennen, ob sie dem entsprechen!), oder geben dem Planer keine konkreten Vorgaben, oder beides ... das ganze System krankt meiner Meinung nach an zu vielen Köchen, die den Brei dann nur noch lauwarm und ohne das nötige Salz servieren. Dazu kommt, dass anscheinend manchen Ämtern rechtlich die Hände gebunden sind, sie sich von großen Bau AGs einschüchtern lassen (müssen), viel zu langsam reagieren und damit von Anfang an mit dem Rücken an der Wand stehen. Anders ausgedrückt, was nützen die besten Regeln und Vorschriften, wenn es keine Sanktionen gibt, sie auch im täglichen Betrieb durchzusetzen?

Es kommt dazu, dass in der Regel "wirtschaftlich" mit "dem billigsten" gleichgesetzt wird (Vergabebegründungen lesen sich manches Mal wie ein Roman aus ferner Vergangenheit, geschrieben in der unschuldigen Hoffnung auf das Gute im Menschen ...), weil man anscheinend gar nicht beurteilen kann (darf, sich traut), ob nicht die Folgekosten aus dem "Billigsten" den zweitbilligsten deutlich übersteigen. Stichwort Schweizer Vergaberecht ... man muss eben auch beispielsweise Preisspiegel richtig lesen, das hilft Spekulation auszuschalten, man muss sich mit der Materie und den örtlichen Bedingungen vertraut gemacht haben, auch das hilft.

Öffentliches Bauen ist seit jeher dermaßen überreguliert, dass es schon fast nicht mehr stattfindet und erheblich zu teuer ist, bei gleichzeitiger Schlamperei, "die beim Amt merken es ja doch nicht, ist ja nicht deren Geld, denen ist es ja doch egal", der Unternehmer. Und die richtig guten, vollbeschäftigten Unternehmer, warum sollten die sich durch den Papierdschungel quälen, um dann doch einem spekulativen, billigsten Anbieter mit ihren fairen Preisen (kalkuliert ohne Nachtragspotentiale schon einzukalkulieren!) zu unterliegen?

Ob sich zu meiner Lebenszeit an diesem System noch etwas ändert?

Grüße aus Kaiserslautern
H. Wissenbach, Architekt
Gast: Öffentlichen Ausschreibungen
26.03.2007 13:01 Uhr
Mein Arbeitgeber möchte neue Geschäftsfelder erkunden, weil der Bereich, in dem diese Firma tätig ist, demnächst nicht mehr genug Aufträge generieren wird. Also wurden ein paar Leute "abgestellt", sich mal eben mit öffentlichen Ausschreibungen zu beschäftigen.

Ich persönlich kenne das Thema noch von früher. Es ist kaum ein Hereinkommen in diese Strukturen. Kennt man das Ingenieurbüro, das die Planung gemacht hat, hat man schon einmal schlechte Karten. Kalkuliert man ehrlich, hat man sowieso keine Chance. Und dieses EFB-Preis hat mich ja nun völlig geschockt. Ich interpretiere das als reines "die Hose runter lassen". Es kostet ewig viel Zeit, und das für diese geringen Margen, die am Ende übrig bleiben.

Ich möchte nur noch schnell erwähnen, dass bei öffentlichen Ausschreibungen mal wieder ersichtlich wird:
Da beschäftigen sich diverse Unwissende mit riesigen Projekten, haben diverse Untergeordnete ebenfalls nicht unbedingt wissende Kümmerer, ... Es wird viel zu viel verwaltet. Und ich bin nach einigen Wochen, die ich mich mit dem Thema öffentliche Ausschreibungen beschäftigt habe, der Meinung, dass hier die eigentliche Arbeit nur einen geringen Zeitanteil einnimmt. Wie sehr träume ich wieder von einem Rahmenvertrag, der uns einfach nur alle beschäftigt. Ein bißchen Geld für ehrliche Arbeit, ohne dieses ewige Zettel ausfüllen, Hose runter lassen, ohne 10 mal 200 Seiten Preise ausfüllen um mal einen unterbezahlten Auftrag zu erhalten, ...

Unser Deutschland eben ...
Axel Kohlgrüber: Daß die öffentlichen AG nun rigoros durchgreifen
27.03.2007 16:33 Uhr
und ein sauberes Erstellen der Unterlagen fordern ist doch nur logisch. Wie will man denn sonst einen fairen Wettbewerb erreichen? Ich sitze gerade an einem LV, 760 Positionen mit 760 EFB-Preis 2 Abfragen, mit 280 Abfragen der Annahme- und Verwertungsstelle. Vergesse ich eine einzige, fliege ich raus. Beim Arbeiten bzw. Ausfüllen könnte ich manchmal den ganzen Kram aus dem Fenster schmeißen, aber: Wie soll eine gerechte Vergabe denn anders gelingen. Es geht um Geld das durch unsere Steuern erbracht wird, da ist es mir schon recht, wenn so mancher Schlendrian verschwindet. Man braucht vor allen Dingen eine gute REB und GAEB- und EFB-feste Software, dann ist alles halb so schlimm.
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