Der brutale Wettbewerb in der Bauwirtschaft der letzten Jahre war auch verbunden mit einem Werteverfall bei der Kalkulationsarbeit für die Angebote. Submissions-Spannen von 100 bis 280 % belegen dies. Ein Verfall der Sitten und Gebräuche wird beklagt. Wo man früher zweimal im Jahr den Rechtsanwalt konsultierte, beschäftigt man jetzt 2 Rechtsanwälte im Jahr. Die Partner am Bau liegen oft im Streit.
Die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots nach § 25, Nr. 3, Abs. 3 in der VOB/A ist meistens verbunden mit der Annahme des billigsten Angebots. Und hinter den billigsten Angeboten liegen zuweilen dunkle Geheimnisse.
Das Baugeschehen ist geprägt durch die Zusammenarbeit der am Bau Beteiligten und durch unvollständige Ausschreibungen. Bau-Soll und Bau-Ist laufen oft auseinander. Verträge sind fortzuschreiben. Dadurch können häufig Angebote durch Nachträge subventioniert werden. Man muss Handeln. Und dies sollte durch ein Verhalten gesteuert werden, welches durch innere Werte und Prinzipien und nicht durch äußere Drohungen und Verlockungen bestimmt wird.
Was soll man tun? Diese Frage ist nach Kant mit der Ethik zu beantworten. Es ist mit Vernunft und Moral zu Handeln. Vernunft resultiert aus Wissen, Erfahrung und Sachverstand. Moral heißt: Man sollte seine Versprechen halten, nicht lügen und nicht betrügen.
Aktuell wird bei einigen Bauverbänden das Thema Wertemanagementsystem diskutiert. Beim Bayerischen Bauindustrieverband hat man sogar einen Verein "Ethik-Management-Sytem" unter dem Leitmotiv: "Integrität heißt Gesetzestreue plus Fairness" gegründet. Ein Ziel ist die Vertrauens- und Partnerschaftskultur in der Bauwirtschaft zu fördern.
Analog sollte es auch Verhaltensstandards bei der Angebotskalkulation und beim Nachtragsmanagement geben. Bauen ist Vertrauenssache. Und die beginnt bereits mit dem Angebot. Ethik bedeutet mehr Sachlichkeit bei der Kalkulation. Sie beginnt dort, wo überhaupt ehrlich mit Wissen und Erfahrung kalkuliert wird. Die Kalkulation ist eine Hilfe für das Finden von Entscheidungen. Gefragt sind dabei mehr Offenheit, Fairness und Vertrauenswürdigkeit.
Eine Kalkulationsethik könnte Spekulationsangebote und -preise reduzieren helfen. Sie sollte einer besseren Partnerschaft zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, zwischen Ausschreiben und Bieten dienen. Hierzu gehört auch der Umgang mit den EFB-Preis Formblättern. Ethik beim Bieter unterstützt die Präqualifizierungen.
Das gilt gleichermaßen auch für das Nachtragsmanagement. Bevor ein Nachtrag evtl. abzulehnen ist, sollte der Fairness halber vorher eine fachliche Prüfung und anschließende Wertung erfolgen.
Die Ethik als Lehre von den Verhaltensregeln der Menschen ist auch für Kalkulatoren wichtig. Die Kalkulationsethik ist ein Fairplay im Umgang mit Kosten und Leistungen. Sie ist eine Voraussetzung für eine nachhaltige Bauauftragsrechnung. Sie stellt ein Klima des gegenseitigen Vertrauens her und stärkt damit letztendlich das Unternehmen im Markt.
In alter Frische!