Das CAD-AVA Syndrom, modellbasierte Daten und standardisierter Datenaustausch

Das CAD-AVA Syndrom, modellbasierte Daten und standardisierter Datenaustausch
Schiller-Blog - Der Schillernde Blick auf die Baubranche

Das CAD-AVA Syndrom, modellbasierte Daten und standardisierter Datenaustausch

01.06.2010
CAD und AVA in ihrem gemeinsamen "Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf". Spöttisch wird auch von "Kadaver-Kopplung" gekalauert. Beide zusammen möchten einen Weg gehen. Eine tolle Tour der Informationskette. Läge nicht darüber ein bauwirtschaftlicher Mehltau. Die Früchte dieser Vereinigung haben ihre Krankheiten. Praktische Anwendungen wie z.B. Ausschreibungen und Kostenberechnungen sind mangelhaft. Bekannt sind die Symptome für das nur auszugsweise Funktionieren. Angefangen vom Problem der Bauteildefinitionen über nicht gezeichnete Bauteile und Mengen bis zu den fehlenden qualitativen und quantitativen Beziehungen zwischen Bauteilen und Bauleistungen. Es muss stark manuell nachgearbeitet werden. Auch wenn die Werbung oft etwas Anderes verspricht.
Mit dem Arbeiten im 3D-Modell von CAD durch attributierte Elemente wird manches besser. Die Grundlage heißt BIM. Ein Bauwerks-Informations-Modell. Ein internationaler Standard. Aber der praktische Umgang damit ist kompliziert. Dabei gibt es aus meiner Sicht vier Knackpunkte.
  1. Die "intelligenten" BIM-Standardobjekte sind gebäudeorientiert und nicht vollständig.
  2. Visualisierung und Datenaustausch BIM-IFC erfolgen oft mit "dummen" Objekten (Proxy).
  3. BIM wird an 3D-CAD geknüpft, wobei aber mehr als 80% der Planer in 2D-CAD arbeiten.
  4. Aufwand und Nutzen sind oft getrennt und erregen psycho-kaufmännische Konflikte.
Des Pudels Kern liegt nicht in der Softwarekopplung von CAD und AVA. Sondern darin, wie effektiv man einmal ermittelte Daten interdisziplinär weiter verwenden kann. Dafür braucht man ein softwareunabhängiges Modell. Meine Antwort darauf heißt: "Modellbasierte Daten und standardisierter Datenaustausch!" Und BIM ist ein Objektmodell, das über IFC-Dateien ausgetauscht wird.
Die bauteilorientierten Beziehungen von BIM mit ihren Mengen und Eigenschaften sind fachübergreifend. CAD-User waren die ersten Benutzer von BIM. Andere Anwendungen wie Kostenberechnung, Ausschreibung und Kalkulation folgen. BIM hat eine große Bedeutung für die Bauvergabe und den Bauvertrag. Und zwar deshalb, weil man das Vollständigkeits- und Mengenrisiko vermindern kann. Nur sollte man beachten, dass durch die Bauteile an sich keine Kosten entstehen. Verursacht werden Kosten durch Arbeiten an den Bauteilen. In Form von Leistungen. Und Bauleistungen sind vertraglich zu beschreiben im Neubau, Bauen im Bestand und Rückbau.
BIM wird sich praktisch durchsetzen, wenn man es gedanklich von 3D-CAD trennt. Vor der Ausschreibung und Angebotskalkulation steht nicht CAD. Entscheidend "sind Arbeiten jeder Art, durch die ein bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird" (vgl. VOB/A §1). Indirekt lassen sich diese Arbeiten aus BIM ableiten. Natürlich kann ein CAD-Programm aus BIM professionelle Zeichnungen ermitteln. Umgekehrt lässt sich ebenso aus einer Grafik als Bild- oder pdf-Datei ein bauteilorientiertes BIM generieren. Beim 2D-Neubau, Bauen im Bestand und Rückbau ist das die Regel. Und dadurch kann die Nutzung von BIM sehr einfach werden.
BIM liefert direkt ca. 20% der Angaben für die auszuführenden Arbeiten, sprich Leistungen. Der Rest lässt sich indirekt Kalkülisieren. Man nehme die Aussagen von BIM, kombiniere diese mit objektspezifischen Festlegungen und leite daraus die Bauleistungen nach dem VENTO-Prinzip ab. Vollständig - Eindeutig - Neutral - Technisch richtig - Objektkonkret.
Einen pragmatischen Weg hierzu eröffnen wir mit DBD-Kostenkalkül. Für Projektbereiche, wie Dach, Geschosse, erdberührte Bauteile etc. werden modellbasiert Bauleistungen und Baukosten berechnet. Die einfache Basis bilden Hintergrundbilder, koordinatenbezogene Mengen und bauteilorientierte Linien, Flächen und Symbole. Die Vorteile einer graphischen und alphanumerischen Leistungsbeschreibung werden miteinander kombiniert. Erzeugt wird ein mit modellbasierten Kostenelementen verknüpftes Objektmodell BIM. Abgeleitet werden Leistungsverzeichnisse mit detaillierten Mengen- und Wertgerüsten. Dynamische BauDaten sind modellbasierte Daten. Beliebig nutzbar über den Datenaustausch von IFC und GAEB.
In alter Frische!
Ihr Klaus Schiller

Kommentare (1)

Prof. Rasso Steinmann: Begrifflichkeit
28.06.2010 16:16 Uhr
Lieber Dr. Schiller,

Ihren Kernaussagen stimme ich größtenteils zu, insbesondere, dass BIM weit mehr ist als CAD. Im Detail würde ich gerne bei einigen Punkten einhaken, was aber an dieser Stelle etwas langwierig würde, das können wir bei nächster Gelegenheit diskutieren.

Mir liegt aber am Herzen, Begriffe einheitlich zu verwenden, um die momentane babylonischen Sprachverwirrung einzudämmen. Im internationalen Gebrauch
steht BIM für "Building Information Modelling",
wobei das Gerundium "ing" nicht zufällig verwendet wird, sondern inhaltlich sehr entscheidend ist. Denn dahinter verbirgt sich, dass etwas getan wird. Zitat von Skanska: "80% of BIM are processes, 20% of BIM are technology". Wir brauchen zwar Datenmodelle für BIM und Software, die sie umsetzten und mit notwendiger Funktionalität zugänglich machen, aber darüber hinaus ist entscheidend, wie das angewendet wird, und wie man die Prozesse darauf abstimmt.

BIM ist kein internationaler Standard, sondern ein internationaler Sprachgebrauch, der sich in den letzen Jahren durchgesetzt hat. Leider werden in diesem Zusammenhang Begriffe wie "Datenmodell", "3D-CAD", "Integrierte Prozesse", usw. häufig wild und unscharf durcheinandergewirbelt. Die mit BIM verbundenen Prozesse und Arbeitsweisen sind noch weit von einer internationalen Standardisierung entfernt. Allerdings gibt es wenigstens ein international standardisiertes Datenmodell, die IFC von buildingSMART.

Auf dieser Basis ziehen ja zum Glück inzwischen schon viele am selben Strick in eine gemeinsame Richtung.
In diesem Sinne beste Grüße
Prof. Rasso Steinmann
iabi - Institut für angewandte Bauinformatik
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